30.03.2015 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Wenn ein Arbeitgeber Arbeitnehmer beschäftigt, hat er im Rahmen seiner Arbeitgeberpflichten die fälligen Lohnsteuerabzugs- und Sozialversicherungsbeiträge an das Betriebsstättenfinanzamt bzw. den Sozialversicherungsträger abzuführen. Wenn es sich hingegen um einen freie Mitarbeiter oder (echte) Selbständige handelt, entfallen diese Arbeitgeberpflichten. In diesem Falle muss der Arbeitgeber weder eine Lohnversteuerung noch eine Verbeitragung zur Sozialversicherung durchführen.
Problematisch wird es immer dann, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer zunächst von einer Beschäftigung als freier Mitarbeiter ausgehen und das Finanzamt bzw. der Sozialversicherungsträger im Rahmen einer Prüfung zu einem anderen Ergebnis kommen. In diesem Fall wird der Auftraggeber als Arbeitgeber und der Auftragnehmer als Arbeitnehmer angesehen. Weil der Arbeitgeber seinen Arbeitgeberpflichten nicht nachgekommen ist, kann er entsprechend in für die nicht abgeführten Lohnsteuerabzugs- und Sozialversicherungsbeträge in Haftung genommen werden. Das Finanzamt fordert die Steuerabzugsbeträge zurück und der Sozialversicherungsträger führt eine Verbeitragung zur Sozialversicherung durch. Aufgrund des gesetzlichen Rückbelastungsverbotes kann der Arbeitgeber lediglich die Arbeitnehmeranteile für die letzten drei Lohnzahlungszeiträume an den Arbeitnehmer weiterbelasten. Die darüber hinausgehenden Arbeitnehmeranteile sowie die Arbeitgeberanteile gehen in vollem Umfang zu Lasten des Arbeitgebers.
Weil die Abgrenzung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses von einem selbständigen Auftragsverhältnis in der lohnsteuerlichen Praxis häufig nur sehr schwierig durchzuführen ist, kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten und nachfolgenden gerichtlichen Auseinandersetzungen.
Mit Urteil vom 24.02.15, L 11 R 5165/13, hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einem Einzelfall entschieden, dass ein Museumsführer als Selbständiger angesehen werden kann.
Im hier streitigen Sachverhalt ging das Landessozialgericht davon aus, dass das Museum als Auftraggeber kein Weisungsrecht gegenüber den Museumsführern hat. In diesem Zusammenhang war das Museum nicht berechtigt, den Museumsführern Weisungen zu erteilen. Die Museumsführer erläutern im Rahmen ihrer Tätigkeit völlig weisungsfrei die Ausstellungsobjekte und erläuterten die geschichtlichen Hintergründe.
Im Gegensatz dazu hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 26.11.14, L 8 R 573/12 klargestellt, dass Personen, die auf einer Intensivstation als Pflegekräfte eingesetzt werden, als abhängig beschäftigte Arbeitnehmer anzusehen sind. Im hier streitigen Fall machte der Auftragnehmer geltend, dass er selbständig tätig und nicht als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer anzusehen sei, weil er nach seinen Angaben keiner ärztlichen Weisungspflicht unterliege und sich seine Pflegepatienten selbst aussuchen könne.
Das Landessozialgericht folgte dieser Auffassung jedoch nicht und wertete die Tätigkeit des Pflegers als abhängige Beschäftigung. Wesentliches Argument der Richter war, dass der Pfleger vollständig in die Organisation des Krankenhauses eingegliedert sei und in seiner Rolle als Pfleger zweifelsfrei an die Weisungen der diensthabenden Ärzte gebunden sei. Auch wenn er weitestgehend selbständig arbeite, reicht dies nicht aus, um die Tätigkeit als selbständige Tätigkeit zu qualifizieren.
Weil die Rechtsprechung zu dieser Thematik uneinheitlich und häufig auf Einzelfällen basiert, sollte der Arbeitgeber bereits im Vorfeld sorgfältig prüfen, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder nicht. Nach Möglichkeit sollte beim zuständigen Sozialversicherungsträger ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang prüft der Sozialversicherungsträger, ob es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt oder ob ein freies Auftragsverhältnis vorliegt. Darüber hinaus sollte sich der Arbeitgeber bereits im Vorfeld ein umfassendes persönliches Bild darüber machen, ob es sich bei der beauftragten Person um einen Unternehmer oder einen Arbeitnehmer handelt.
Eine selbständige Tätigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn der Auftragnehmer unternehmerische Dispositionsmöglichkeiten hat, z.B. Einfluss auf die Preisgestaltung nehmen kann. Daher kann eine Servicekraft in der Gastronomie regelmäßig nicht selbständig tätig sein. Eine Servicekraft in der Gastronomie hat regelmäßig weder Einfluss auf die vom Auftraggeber angebotenen Speisen und Getränke noch auf die Preisgestaltung. Das gilt auch dann, wenn der Auftragnehmer mehrere Auftraggeber hat.
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.