12.06.2019 — Tobias Weilandt. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die obigen User-Statistiken machen YouTube zum beliebtesten digitalen Werkzeug für Lernwillige und die, die sich beruflich weiterbilden möchten. Aber was macht YouTube gerade im Bildungsbereich so beliebt? Die Videoplattform ist kostenlos, was sicherlich einer der ausschlaggebendsten Punkte ist. Zudem ist sie jederzeit verfügbar und bietet ein vielseitiges Angebot hinsichtlich Themenwahl und Komplexität. Es findet sich kaum eine Frage oder ein Gebiet, das nicht in irgendeiner Form bearbeitet wurde und dies zumeist in kleinen portionierten Video-Häppchen
Natürlich können Sie sich binnen 6:49 Minuten vom Kanal Bibster 2 über die Grundlagen des Projektmanagements aufklären lassen. Meint man es jedoch ernst, ist eher zum Kanal der Universität Bremen zu raten. Bei YouTube ist für jede*n etwas dabei und das im besten Sinne des modernen e-Learnings: flexibel (jederzeit an jedem Ort), individuell nach Lerntyp aufbereitet und für jeden Lernzweck. Es wird schnell weitergeholfen, zumeist in Form von sogenannten How-to-Videos. Diese Videos geben in wenigen Minuten Auskunft über die Lösung eines Problems. Diese sind laut Google weniger fachlicher als vielmehr alltäglicher Natur. So lauten die meisten How-to-Suchen auf YouTube etwa: "How to kiss", "How to tie a tie" oder "How to get a sixpack in three days". Mögen das nur bedingt relevante Fragen für die Berufswelt sein, so spiegelt sich in der Popularität dieser Videoformate der Zeitgeist wider und zeigt, wie wir heute lernen möchten. Es wird Können, weniger aber ein Kennen erlernt. Mit wenig Aufwand sollen Kenntnisse erworben werden, die auf ein konkret vorliegendes Problem sinnvoll und effizient angewendet werden sollen. Das Fachwissen wird mehr und mehr von der reinen Kompetenz abgelöst - im Alltag wie auch im Beruf.
Neben den genannten Vorteilen gehen auch einige Nachteile mit der Verwendung von YouTube als Weiterbildungskanal einher: Geradezu jede*r kann ein Video hochladen, das dann nicht aufgrund seiner fachlichen Seriosität und Richtigkeit prominent in der YouTube-Suche auftaucht, sondern anhand bestimmter User-Statistiken und SEO-Kategorien. Wird ein Video besonders häufig geklickt, hat es demzufolge eine hohe Click-Through-Rate (Prozentuales Verhältnis von Anzahl der Ausspielungen des Videos und dem tatsächlichen Abspielen des Videoinhaltes). YouTube belohnt dies und stellt das Video auf Top-Positionen dar. Ebenfalls relevant für das Ranking sind Titel, Beschreibungstext, hinterlegte Keywords und Nutzerbewertungen. Allein die User urteilen damit über die Qualität des Videos. Werden kurze Videos weit häufiger geklickt als Inhalte, die länger als 10 Minuten gehen, ist die Chance, dass kurze Videos bevorzugt werden, recht hoch. Dabei handelt es sich allerdings nicht gerade um ein Kriterium, das viel über die Fachlichkeit eines Videoangebotes aussagt. YouTube ist dennoch nicht gänzlich zu verteufeln, wenn es um seriöse Fort- und Weiterbildungen geht.
Es brauche also auch für das Netz Regeln. Von vielen wurde das als Aufruf verstandene, politische Meinungsäußerungen im Netz im Vorfeld von Wahlen zu beschränken. Ein Affront, der anlässlich der Feiern zu "70 Jahre Grundgesetz" nochmals an Bedeutung gewinnt. Natürlich ruderte AKK umgehend zurück. Selbstverständlich habe man ihre Aussagen falsch verstanden. Sie stehe zu Meinungsvielfalt und freier Meinungsäußerung.
So gibt es beispielsweise zahlreiche Mitschnitte von universitären Vorlesungen, die fachwissenschaftlich ernstzunehmen sind – diese haben allerdings zumeist einen Zeitumfang von rund 1- 1½ Stunden. Es muss aber eben nicht immer gleich der akademische Live-Stream sein: Kurze Videos auf nicht-akademischen Channels durch sogenannte Edutuber können schon einmal eine erste Orientierung über ein Themengebiet geben, ohne jedoch weitreichend in die Tiefe zu gehen. Damit ist es möglich, sich zu orientieren und nach Themenfeldern geordnet gemäß den eigenen Bedürfnissen zu lernen und die weitere Videorecherche fokussiert anzugehen.
YouTube kann als wertvolles Fort- und Weiterbildungs-Tool fungieren. Dies gilt selbstverständlich auch für berufsbezogene Themen. Wichtig dabei ist jedoch, dass man die Inhalte kritisch hinterfragt und sich nicht von alleinigen Nutzermetriken (Views, Likes etc.) leiten läßt. Angebote von seriösen Bildungseinrichtungen sind zu bevorzugen, möchte man nicht auf laienhafte Simplifizierungen hereinfallen. Es gilt demnach: YouTube hat durchaus eine Daseinsberechtigung als Bildungswerkzeug. Will man allerdings fachlich abgesicherten Content genießen, muss Zeit in die Recherche investiert werden. Nicht jedes Video bietet einen Mehrwert. Es bedarf einiger Medienkompetenz, um das richtige Video für die individuellen Bedürfnisse aus dem Wust der Videoschnipsel herauszufiltern. Insofer ist ein erstes Schnuppern ins Projektmanagement mit solchen Häppchen durchaus möglich. Es ist aber nicht erschöpfend und muss daher noch auf anderem Wege vertieft werden.
Also, Augen auf bei der Kanalwahl!
Quellen und Hintergründe
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