13.02.2025 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Für Unternehmen, die IT-Dienstleistungen beauftragen oder erbringen, ist es daher entscheidend, in ihren Verträgen klare Regelungen zur Vergütung, Abnahme und Rückforderbarkeit zu treffen. Rechtsanwalt Rolf Becker aus Alfter gibt konkrete Tipps für die Vertragsgestaltung.
Das OLG Frankfurt befasste sich mit einem Vertrag, in dem die Parteien eine Vergütung nach Zeitaufwand vereinbart hatten, die bereits vor einer möglichen Abnahme fällig wurde. Das Projekt wurde nicht umgesetzt. Die Richter qualifizierten den Vertrag als Dienstvertrag, da neben der zeitbasierten Vergütung auch eine Kündigungsfrist vorgesehen war – beides starke Indizien für eine dienstvertragliche Einordnung.
Für Parteien von IT-Verträgen ist diese Abgrenzung besonders relevant, da häufig sowohl erfolgsabhängige Entwicklungsleistungen (Werkvertrag) als auch vorbereitende, konzeptionelle Tätigkeiten (Planungsleistungen) erbracht werden. Das Gericht stellte klar, dass Planungsleistungen auch dann einen wirtschaftlichen Wert haben, wenn das Gesamtprojekt nicht zur Umsetzung gelangt. Damit kann ein Auftraggeber nicht ohne Weiteres die Rückzahlung bereits geleisteter Vergütung verlangen, nur weil das Projekt nicht fortgeführt wird.
Planungsleistungen sollten als eigenständige Leistungen definiert und separat vergütet werden, unabhängig von der späteren Umsetzung des Gesamtprojekts. Eine zeitbasierte Vergütung mit klaren Fälligkeitsregelungen stärkt die Position des Softwareentwicklers. Für Auftraggeber ist es wichtig, genau festzulegen, welche Tätigkeiten zu den Planungsleistungen gehören sollen. Sie sollten zudem prüfen, ob ein rein zeitbasiertes Vergütungsmodell für ihr Projekt sinnvoll ist oder ob es zweckmäßig wäre, eine Kombination aus Zeit- und erfolgsabhängiger Vergütung zu vereinbaren.
Planungsleistungen sind grundsätzlich abnahmefähig, wenn sie als Werkvertrag qualifiziert werden. So können beispielsweise ein Pflichtenheft oder eine technische Konzeption als abnahmefähige Teilleistungen definiert werden. Um späteren Streit zu vermeiden, kann der Vertrag festlegen, dass die Abnahme nach einer Prüfungsfrist als erfolgt gilt, wenn keine berechtigten Mängelrügen erhoben werden (konkludente oder fiktive Abnahme gemäß § 640 BGB).
Auftraggeber sollten prüfen, ob ihre internen Prozesse innerhalb der vereinbarten Fristen eine Abnahme ermöglichen. Bestehen hier Unsicherheiten, sollte der Vertrag regeln, dass die Fortsetzung des Projekts erst nach ausdrücklicher Zustimmung des Auftraggebers erfolgt. In diesem Fall müssen jedoch sämtliche Fristen dynamisch ausgestaltet sein und das Softwareunternehmen benötigt für die Planbarkeit von Anschlussprojekten verbindliche Zeitslots.
Die Bezeichnung als „Dienstleistungen“ sowie die Verwendung einer zeitbasierten Vergütung sprechen meist für einen Dienstvertrag. Allerdings hat eine falsche Bezeichnung im Vertrag keine ausschlaggebende Wirkung; die tatsächliche Vertragsgestaltung ist entscheidend. Falls dennoch ein Werkvertrag gewünscht ist, sollte der Abnahmeprozess für Teilleistungen (z. B. Abnahme einzelner Entwicklungsphasen oder Schnittstellen) klar geregelt werden. Zudem können die Parteien festlegen, nach welchem Vertragsrecht (Werkvertrags- oder Dienstvertragsrecht) sich einzelne Leistungen richten sollen.
Die Entscheidung des OLG Frankfurt macht deutlich, dass auch in einem Werkvertrag mit Zeitvergütung eine Rückforderung bereits geleisteter Zahlungen nicht allein wegen ausbleibenden Erfolgs möglich ist, sofern die Vergütung nach Zeitaufwand vertraglich geregelt und fällig war. Dies steht im Gegensatz zu klassischen Werkverträgen mit erfolgsabhängiger Vergütung, bei denen eine Rückzahlungspflicht bei Rücktritt besteht. Diese besondere Rechtsprechungslage sollte durch eine ausdrückliche vertragliche Regelung abgesichert werden.
Die Entscheidung des OLG Frankfurt hat eine besondere Relevanz für IT-Verträge, da bislang kaum gerichtliche Entscheidungen existieren, die sich explizit mit Werkverträgen mit zeitbasierter Vergütung befassen. Die allgemeine Rechtsprechung zu Werkverträgen setzt meist auf erfolgsabhängige Vergütung, bei der eine Rückzahlungspflicht besteht, wenn der vertraglich geschuldete Erfolg nicht erreicht wird.
Für Vertragsparteien von IT-Projekten bedeutet dies, dass eine klare vertragliche Regelung entscheidend ist. Mit der Pflichtenhefterstellung zeigt sich häufig die Kompetenz des Softwaredienstleisters sowie der Umfang des Projekts. Daher sollte nach Erstellung immer eine Sollbruchstelle für das Projekt eingebaut werden, die eine Fortsetzung erst nach ausdrücklichem „Go“ des Auftraggebers vorsieht. Hierbei ist an eine klare Vergütungsregelung zu denken, falls das Projekt nicht fortgesetzt wird.
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